Neujahrsbotschaft der Demokratischen Selbstverwaltung

Die Menschen in Syrien blicken auf ein weiteres Jahr des Leids und der Entfremdung zurück. Seit Beginn der Krise ist das Land zum Schauplatz regionaler und internationaler Auseinandersetzungen geworden. Für diese Krise gibt es noch keine Anzeichen einer Lösung. Sie wird durch die Ambitionen und die Machtpolitik regionaler Akteure verstärkt, insbesondere durch die Türkei, die Teile des syrischen Territoriums besetzt hat, mit ihren gewaltsamen Abschiebungen eine rassistische Politik gegenüber syrischen Flüchtlingen verfolgte und die Realität der Teilung und Spaltung ohne Rücksicht auf das Leid der Menschen durchsetzte. Stattdessen griff sie die Lebensgrundlagen im halbwegs stabilen Nord- und Ostsyrien an, zerstörte Wohlstand und wichtige zivile Infrastruktur.

Diese Eskalation durch die Türkei war eine der größten Herausforderungen für unsere Bevölkerung, unsere Selbstverwaltung und unsere Streitkräfte. Dabei sind unsere Anstrengungen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Überwindung seiner Folgen nach wie vor groß. Die fortgesetzte Zerstörung der Infrastruktur durch den türkischen Staat sowie weitere Massaker und Übergriffe der türkischen Besatzungsmacht und ihrer islamistischen Söldner in den besetzten Gebieten (Afrin, Serêkaniye/ Ras al-Ain und Gire Spi/Tal Abyad) haben im vergangenen Jahr dazu beigetragen, Verwüstung und Chaos in der Region zu verbreiten, den Terrorismus zu fördern und die Bemühungen um den Auf- und Ausbau demokratischer Prozesse zu sabotieren.

Die Situation in Syrien wurde auch von regionalen und internationalen Veränderungen überschattet. Die arabischen Staaten blieben schwach und abwesend und anstatt zur Lösung der syrischen Krise beizutragen, leiden sie heute mehr als jedes andere Land unter den Auswirkungen dieser Krise. Die Zeit verging und die nationale Sicherheit des Landes war bedroht. Nach dem katastrophalen Erdbeben in Syrien und der Türkei am 6. Februar 2023 wurde die humanitäre Diplomatie aktiviert und Kommunikationskanäle mit dem syrischen Regime eröffnet, um humanitäre Hilfe in die betroffenen Gebiete zu bringen. Dies führte zu einer arabischen Initiative, die darauf abzielte, die Beziehungen zu Damaskus zu normalisieren, aber zu keinem Ergebnis führte. Darüber hinaus sind die internationalen Bemühungen im Rahmen der Resolution 2254 nicht über humanitäre Hilfe und Deeskalationsmaßnahmen hinausgegangen und leiden unter dem großen Problem, dass sich die politische Realität in Syrien in einem Zustand der Blockade befindet. Dies führt zu einer Verlängerung der Krise und zu einem Mangel an Möglichkeiten für eine kurzfristige Lösung.

Die Völker Nord- und Ostsyriens haben enorme Anstrengungen unternommen, um ihre Errungenschaften zu bewahren und weiterzuentwickeln, um Stabilität und Sicherheit in der Region zu erhalten und um die Bemühungen und Pläne zur Schaffung von Unfrieden und internen Konflikten zu vereiteln. In wirtschaftlicher und politischer Hinsicht war es auch ein Jahr voller Errungenschaften der Demokratischen Selbstverwaltung. Sie hat aber noch viele Aufgaben vor sich, die sie im vergangenen Jahr nicht bewältigen konnte. Dabei bleiben wir unserem Ansatz treu und sind entschlossen, das zu erreichen, was für ein menschenwürdiges Leben unserer Bevölkerung notwendig ist.

Wir, die Demokratische Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens, wünschen der gesamten syrischen Bevölkerung ein frohes Weihnachtsfest und ein glückliches Neues Jahr. Wir trauern um die zivilen Opfer des Krieges, die durch die heimtückische türkische Aggression ums Leben gekommen sind. Der Zusammenhalt unserer Bevölkerung wird der einzige Weg sein, unsere Rechte und unsere Identität gegenüber allen Kräften zu verteidigen, die unsere Vernichtung wollen. Wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, angesichts der Ereignisse in Syrien aktiv zu werden und Druck auf den türkischen Staat auszuüben, damit er seine Aggression einstellt und die Besetzung syrischen Territoriums beendet. Wir rufen alle Parteien auf, ihrer moralischen und humanitären Verantwortung nachzukommen, um das Leiden der Syrer zu beenden und alle Anstrengungen zu unternehmen, um Frieden zu schaffen und harmonisches Zusammenleben zwischen den Völkern zu erreichen.

Wir rufen auch dazu auf, den Weg für eine politische Lösung zu ebnen und einen Dialog zu beginnen, der auf nationaler Zusammenarbeit basiert, um ein neues, demokratisches und dezentralisiertes Syrien aufzubauen. Wir rufen alle Syrer auf, sich dafür einzusetzen, dass das neue Jahr zu einem Jahr wird, in dem die nationalen Energien im Interesse Syriens und der Zukunft seines Volkes gebündelt werden, die Realität und die Erscheinungsformen der Besatzung beendet werden und die syrische Einheit gefestigt wird.

Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, 31. Dezember 2023