Erklärung zum Welt-Kobanê-Tag
Vor acht Jahren, im Herbst 2014 blickte die ganze Welt auf Nord- und Ostsyrien. Der sogenannte Islamische Staat versuchte die Stadt Kobanê, einige Kilometer östlich des Euphrats, zu erobern. Zu diesem Zeitpunkt lebten eine halbe Millionen Menschen in der Stadt, viele waren bereits zuvor vor dem Terror des IS in die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien geflohen.
Nachdem der IS im September und Oktober bis in die Stadt vordringen konnte, drehte sich das Blatt im November. Die Kämpfer*innen der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ hielten stand. Tausende junge Menschen ließen ihr Leben, um Kobanê zu verteidigen. Gemeinsam mit der internationalen Anti-IS-Koalition fügten sie dem IS seine erste militärische Niederlage zu. Kobanê steht daher für den erfolgreichen Kampf gegen den IS und seine islamistische Ideologie. Kobanê steht für den Kampf um Frieden und Gerechtigkeit. Und Kobanê steht für die erfolgreiche Kooperation der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien mit der internationalen Gemeinschaft.
Doch auch wenn das IS-Kalifat inzwischen Geschichte ist, der IS ist noch lange nicht komplett ausgelöscht. In den von der Türkei besetzten Gebieten in Nord- und Ostsyrien treiben Dschihadisten weiter ihr Unwesen, terrorisieren Andersdenkende, begehen Kriegsverbrechen und betreiben ethnische Säuberungen. Der IS operiert darüber hinaus mit Schläferzellen und versucht, die vielen tausenden gefangenen IS-Angehörigen aus den Gefängnissen der Selbstverwaltung zu befreien. Unter diesen Gefangenen sind auch viele ausländische Staatsbürger*innen.
Deshalb begrüßt es die Selbstverwaltung, dass einige Staaten, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren damit begonnen haben, ihre eigenen Staatsangehörigen zurückzuholen. Doch dies beschränkt sich meist auf Frauen und Kinder aus IS-Familien. Darauf darf sich die internationale Gemeinschaft nicht beschränken. Um die Stabilität der Region zu gewährleisten, ist es notwendig, dass alle Staaten sämtliche IS-Angehörigen zurückholen und sie vor die eigenen nationalen Gerichte stellen. Zusätzlich brauchen die lokalen Gerichte der Selbstverwaltung internationale Unterstützung, um die Verbrechen des IS aufklären zu können und Gerechtigkeit herzustellen.
Der Kampf gegen den IS ist noch nicht vorbei, der Kampf für Frieden und Gerechtigkeit ist noch nicht gewonnen. Es ist Zeit, dass die internationale Gemeinschaft gemeinsam mit der Selbstverwaltung den schwelenden Brandherd der IS-Gefangenen löscht, damit nicht erneut ein Flächenbrand des Terrors entsteht. Es ist Zeit für Frieden in der Region, sodass die Menschen dort für sich eine sichere Zukunft aufbauen können.