Erklärung zu Gerichtsverfahren gegen ausländische IS-Kämpfer
In den letzten Jahren hat die Welt miterlebt, wie die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) in Nord- und Ostsyrien gegen die Terrororganisation IS gekämpft haben. Der IS ist die gefährlichste internationale Terrororganisation, er hat Länder und deren Grenzen nicht beachtet. Tausende Personen aus über 60 Ländern reisten über die Türkei in die Region ein, um sich dem IS anzuschließen. Dies wurde ermöglicht durch die Regierung in Ankara. Die SDF führten mit Unterstützung der internationalen Anti-IS-Koalition einen langen Kampf, um diese Bedrohung zu beseitigen und die Werte der Freiheit zu verteidigen.
Durch die Bemühungen der SDF wurde das sogenannte Kalifat zerschlagen und die IS-Terroristen wurden aus ihrer Hochburg in Raqqa sowie aus anderen Regionen wie Manbij, Tabqa, Hasakah, Qamischlo und Deir ez-Zor vertrieben. Letztlich wurde der IS in seinem letzten verbliebenen Rückzugsgebiet, der Stadt al-Baghuz im Jahr 2019 geografisch und militärisch besiegt. Dieser Krieg war jedoch mit hohen Kosten verbunden für die Menschen in der Region. Mehr als 15.000 Menschen starben und mehr als 25.000 wurden zu Invaliden. Die Region erlitt weitreichende Zerstörungen.
Der IS hat abscheuliche Verbrechen begangen, darunter Massaker und Kriegsverbrechen an der Bevölkerung von Deir ez-Zor, Kobane, Hasakah und Qamischlo. Nach der Befreiung der Region wurden zahlreiche Massengräber entdeckt, von denen einige noch immer nicht identifiziert werden konnten. Tausende von Menschen werden noch immer vermisst. Der IS wandte eine Strategie des Massenmords, der Vernichtung, Zerstörung, Plünderung, Einschüchterung und Sabotage an, um die Kontrolle zu erlangen und seine dunkle Macht zu erhalten.
In al-Baghouz wurden über zehntausend gefährliche IS-Kämpfer festgenommen, darunter hochrangige Funktionsträger. Sie sind derzeit in den Haftanstalten der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien inhaftiert. Darüber hinaus leben zehntausende Menschen aus IS-Familien in Camps im Nordosten Syriens – vor allem Frauen und Kinder, zusammen mit tausenden irakischen Staatsangehörigen.
Seit dem Ende der Schlacht von al-Baghuz hat die Selbstverwaltung die internationale Gemeinschaft immer wieder aufgefordert, ihrer Verantwortung für die inhaftierten IS-Mitglieder nachzukommen. Die Selbstverwaltung schlug den betroffenen Ländern, Menschenrechtsorganisationen und internationalen Gremien vor, ein internationales Tribunal einzurichten, um IS-Mitglieder auf der Grundlage von zwingenden Beweisen und Unterlagen, die der Selbstverwaltung vorliegen, vor Gericht zu stellen.
Die von diesen Personen begangenen Verbrechen gegen die Menschen der Region sind schreckliche Terrorakte und bedürfen einer gerichtlichen Aufarbeitung. Daher ist es unerlässlich, dass die internationale Gemeinschaft bei der Einrichtung eines internationalen Tribunals oder hybrider Gerichtsverfahren zur Verfolgung von IS-Mitgliedern unterstützt. Dieses Problem ist nicht auf eine einzelne Region beschränkt, sondern betrifft die gesamte internationale Gemeinschaft. Es stellt auch eine erhebliche Belastung für die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien dar. Trotz zahlreicher Appelle und Initiativen hat die internationale Gemeinschaft noch keine klaren Entscheidungen getroffen, die der Gerechtigkeit und der Verfolgung von IS-Terroristen zuträglich sind.
Angesichts der Schwierigkeit und Sensibilität der aktuellen Situation sowie der Belastung durch die Inhaftierung dieser Verbrecher ohne Gerichtsverfahren steht die Selbstverwaltung derzeit vor großen Herausforderungen. Diese Situation kann nicht unbegrenzt fortbestehen, und das Versäumnis, diese Verbrecher vor Gericht zu stellen, widerspricht internationalen Gesetzen und Normen. Darüber hinaus stellt ihre fortdauernde Anwesenheit eine zunehmende Sicherheitsbedrohung dar.
Um Gerechtigkeit zu erreichen und die Opfer zu würdigen, hat die Selbstverwaltung beschlossen offene, faire und transparente Gerichtsverfahren gegen inhaftierte IS-Angehörige aus dem Ausland zu bgeinnen. Diese Prozesse werden den internationalen und lokalen Terrorismusgesetzen entsprechen und sicherstellen, dass die Rechte der Kläger gewahrt werden. Diese Entscheidung verändert nicht den Standpunkt der Selbstverwaltung hinsichtlich der Notwendigkeit eines internationalen Tribunals speziell für IS-Terroristen. Wir betonen die Wichtigkeit der Einrichtung eines internationalen Tribunals oder eines Tribunals mit internationalem Charakter, das die Verbrechen des IS aufklärt. Wir wiederholen unseren Aufruf an die internationale Gemeinschaft, unserem Appell zur Einrichtung eines solchen Tribunals nachzukommen.
Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, Ain Issa 10.06.2023