Erklärung zur Situation in den türkisch besetzten Gebieten

 

Wir verurteilen die anhaltende Verfolgung und Repression, denen Syrerinnen und Syrer in der Türkei und den türkisch besetzten Gebieten Syriens ausgesetzt sind. Wir sprechen den Familien derjenigen, die von der türkischen Armee getötet wurden, unser Beileid aus und wünschen den Verwundeten rasche Genesung. Wir stellen uns an die Seite aller freien Syrerinnen und Syrer, die ihren Unmut über die rassistische und feindselige Politik der türkischen Behörden gegenüber syrischen Geflüchteten und syrischen Bürgern in den besetzten Gebieten zum Ausdruck bringen.

Der türkische Staat hat die syrische Revolution zum Scheitern gebracht und versucht die Syrienkrise zu nutzen, um seine kolonialen Ziele zu erreichen. Er setzt syrische Geflüchtete als Druckmittel gegen Europa ein. Syrer werden rekrutiert, um sie als Söldner in den Kriegen der Türkei einzusetzen, sie werden als billige Arbeitskräfte ausgebeutet und in Drogengeschäfte und Prostitution verwickelt. Nun werden türkische Fanatiker gegen Geflüchtete aufgehetzt, um den Boden für deren Zwangsausweisung zu bereiten. In den besetzten Gebieten betreibt die Türkei eine Politik des kulturellen Völkermords und führt ethnische Säuberungen gegen Kurdinnen und Kurden in Afrin, Serêkaniyê/Ras al-Ain und Girê Sipî/Tal Abyad durch.

Die Ereignisse von Kayseri und die darauf folgenden Angriffe auf syrische Geflüchtete sind das Ergebnis der nationalistischen Politik der türkischen Regierung. Die Ereignisse dieser Tage zeigen deutlich, dass die Strategie des türkischen Staates in Bezug auf die Syrienkrise gescheitert ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der türkische Staat diese Strategie aufgegeben hat und eine Stabilisierung Syriens anstrebt. Stattdessen wirkt er auf eine erneute Eskalation des Bürgerkrieges hin. Daher hoffen wir, dass alle Syrerinnen und Syrer, einschließlich der Zentralregierung in Damaskus und der Oppositionskräfte, die richtigen Lehren aus der Vergangenheit ziehen und nicht in diese Falle tappen. Die türkische Regierung hat mehr als einmal das verraten, was sie als „arabisch-türkische Brüderlichkeit“ bezeichnet. Es ist wichtig, ein neues Kapitel aufzuschlagen und gemeinsam daran zu arbeiten, unsere Probleme zu lösen. Der Weg zu einer Lösung der Syrienkrise ist der innersyrische Dialog. Mit einer syrischen Lösung können wir die externen Akteure dazu bringen, unser Land zu verlassen, auch die türkischen Besatzer.

Wir appellieren an alle Bürgerinnen und Bürger von Nord- und Ostsyrien, in die Gebiete der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien zurückzukehren. Sie können hier frei und in Würde in ihrer Heimat leben.

Wir fordern Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen auf, eine Untersuchungskommission zu den Angriffen, denen Syrerinnen und Syrer in der Türkei und in den besetzten Gebieten ausgesetzt sind, einzusetzen und die Verbrechen der türkischen Regierung gegen Geflüchtete zu dokumentieren.

Wir fordern die internationalen, regionalen und arabischen Mächte auf, ihre Politik gegenüber der Syrienkrise zu überdenken und eine neue Phase der Verhandlungen einzuleiten, an der alle syrischen Akteure teilnehmen, um eine nachhaltige Lösung zu finden, die allen Syrerinnen und Syrern, unabhängig von ihrer Identität, ihre politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Rechte garantiert.

Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien,
05.07.2024