Erklärung der Lehrer:innengewerkschaft von Nord- und Ostsyrien

Sehr geehrte Damen und Herren,
seit dem 20. November führt der türkische Staat kontinuierlich Angriffe mit Flugzeugen, Drohnen und schweren Waffen gegen die Region Nord- und Ostsyrien aus. Er griff dabei gezielt die Infrastruktur und lebenswichtige Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser, Gas- und Öl-Felder, Getreide-Silos und Elektrizitätswerke an. So beabsichtigt er, die Sicherheit und Stabilität in der Region zu untergraben, indem er Angst und Panik unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten versucht. Der türkische Staat missachtet dabei eindeutig und berechnend internationale Abkommen, Gesetze und Verträge. Doch die internationale Gemeinschaft lässt es geschehen und schweigt zu diesen Verstößen und Kriegsverbrechen.
Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Angriffe keineswegs ausschließlich militärischen Zielen galten. Sie wurden ausdrücklich ausgeführt, um den Lebensnerv der Menschen zu schädigen und den Willen der Menschen zu brechen, die Freiheit und Demokratie möchten. Dass dieses sehr bewusst im Hinblick auf die Zivilbevölkerung geschah, wird daran deutlich, dass die Bombardierungen ausgerechnet am Internationalen Tag des Kindes stattfanden. An diesem Tag wollten Kinder in vielen Schulen den besonderen internationalen Festtag feierlich begehen. Aber sie konnten ihrer Freude nicht wirklich Ausdruck verleihen, weil an diesem Tag eine umfassende Bombardierung von Nord- und Ostsyrien stattfand, die gezielt auf Schulen gerichtet war und sie zerstörte. Alle Schulen im Grenzgebiet zur Türkei mussten in diesem Ernst- und Notfall geschlossen werden, um die Sicherheit der Kinder und der Lehrer:innen zu gewährleisten.
Natürlich beeinträchtig diese Situation die schulischen Leistungen der Kinder, da sie in ständiger Angst vor den Bomben und deren Folgen leben müssen. Das führt dazu, dass sie nicht mehr zur Schule gehen wollen. Die Lehrer:innen sind daher gefordert, alles daran zu setzen, für die Schüler:innen eine möglichst sichere Lernumgebung zu schaffen, trotz aller widrigen Umstände, um so die außerordentlich negativen Auswirkungen auf den erzieherischen Prozess zu minimieren und eine Verzögerung des Lehrplanes zu verhindern.
Als Lehrer:innen von Nord- und Ostsyrien rufen wir die internationale Zivilgesellschaft, die Menschenrechts- und humanitären Hilfsorganisationen überall auf der Welt, und insbesondere „Education International“, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Nationale Erziehungsgewerkschaft (NEG), dazu auf, ihre Solidarität mit den Menschen in Nord- und Ostsyrien zu zeigen, und ein Zeichen zu setzen, um diese Angriffe zu beenden. Ohne eine Flugverbotszone werden negative Auswirkungen in den Lern- und Erziehungsprozessen angesichts der Umstände nicht ausbleiben können, und ein Wiedererstarken von extremistischen und terroristischen Bewegungen, wie ISIS oder Jabhat al-Nusra Front, muss verhindert werden.